Weisheit: Alte Traditionen, wieder aktuell
16. Juni 2015

Foto: Banana Republic images/Shutterstock
05. Mai 2015 / 19. Mai 2015 / 02. Juni 2015/ 16. Juni 2015, Universität Hamburg. Eine Kooperationsveranstaltung des Numata Zentrum für Buddhismuskunde der Universität Hamburg mit dem Netzwerk Ethik Heute
Eine Kooperationsveranstaltung des Numata Zentrum für Buddhismuskunde der Universität Hamburg mit dem Netzwerk Ethik Heute
Weisheit ist ein Thema, das Menschen in allen Kulturen und Religionen beschäftigt hat. Es scheint in vielen Kulturen Übereinstimmung darin zu geben, wer für weise gehalten wird. Weisen Menschen wird zugeschrieben, dass sie sich selbst und andere auf einer tieferen Ebene verstehen und entsprechend besonnen handeln. Auch verbindet man mit Weisen Gelassenheit, also dass sie schwierige Lebenssituationen meistern und anderen Menschen mit Wohlwollen begegnen.
In den buddhistischen Traditionen ist Weisheit ein zentrales Element. Die Buddhas gelten als Verkörperung der Weisheit. Durch das Erkennen der Wirklichkeit, wie sie eigentlich ist, und der abhängigen Natur der Phänomene, lässt sich der zu Anhaften und Leiden führende Charakter des samsarischen Geistes durchschauen. Es werden eine Vielzahl meditativer Übungen gelehrt, um Leiden und Leidensursachen mit Hilfe von Weisheit zu überwinden. Manche Praktiken der buddhistischen Weisheitstraditionen werden auch im Westen in einem säkularen Kontext weitergebenen, etwa Achtsamkeit, Vipassana oder Zen.
Seit einigen Jahren rückt das Thema in den Fokus gesellschaftlichen Interesses. Meditation als Methode, Weisheit zu entwickeln, wird neurowissenschaftlich erforscht. In bahnbrechenden Studien zur Achtsamkeitspraxis konnte empirisch nachgewiesen werden, wie sich Körper und Geist verändern, wenn Menschen ihre Aufmerksamkeit nach innen richten. Festgestellt werden zum Beispiel der Abbau von Stresshormonen, der Aufbau von grauer Substanz im Gehirn sowie subjektiv bei den Praktizierenden mehr Klarheit, Ruhe und Wohlbefinden. Interdisziplinäre Kongresse widmen sich der Neuroplastizität, also der Fähigkeit des Gehirns, sich bis ins hohe Alter hinein zu verändern, und erörtern die Natur des Bewusstseins und die Möglichkeiten, Bewusstsein zu schulen.
In der Psychologie gibt es den relativ neuen Zweig der empirischen Weisheitsforschung. Sie geht der Frage nach, welche Kompetenzen man braucht, um mit den großen Problemen des Menschseins umzugehen. Weisheit wird als ein wesentlicher Faktor von Resilienz angesehen. Die sog. Weisheitstherapien stärken die Qualität, schwierige Lebenssituationen gut zu bewältigen. Darüber hinaus vermitteln sie Fähigkeiten, die auch im Buddhismus eine Rolle spielen: zum Beispiel Perspektivwechsel, d.h. einen Rollentausch vorzunehmen und sich in die Situation eines anderen hineinzuversetzen, Empathiefähigkeit und Emotionsregulation, also eigene Gefühle erkennen und differenzieren zu können. Erfahrungen mit Patienten, etwa an der Berliner Charité, zeigen, dass nach einem solchen Training Lebensfragen „weiser“ beurteilt werden. Die Weisheitsforschung hat sich aus der Lebensspannenforschung und Gerontopsychologie entwickelt. Der deutsche Entwicklungspsychologe und Gerontologe Paul Balthes (1939-2006) war auf diesem Gebiet weltweit führend. Mit der voranschreitenden Alterung der Bevölkerung stellte er die Frage, welche positiven Entwicklungspotenziale das Alter hat und ob alte Menschen auch weise Menschen sind bzw. worin die Weisheit des Alters liegen könnte.
Die Vortragsreihe spannt den Bogen von den buddhistischen Weisheitstraditionen zu den neuen Ansätzen, Weisheit in der westlichen Gesellschaft zu verankern. Die These ist, dass es erstaunliche Parallelen gibt. Letztlich geht es um die Fragen: Welche Wege gibt es, das Leben zu meistern? Welches Konglomerat von Eigenschaften ist es, das weise Menschen kennzeichnet, und wie kann der Einzelne Weisheit für sich entdecken?
05.05.2015, 18.15-19.45 Uhr
Neue Perspektiven der Weisheitsforschung
Gert Scobel (3sat)
Veranstaltungsort: Anna-Siemsen-Hörsaal, Von-Melle-Park 8.
19.05.2015, 18.15-19.45 Uhr
Psychologischen Weisheitskonzepte und ihre Nutzbarmachung in der Psychotherapie
Professor Dr. Michael Linden (Berliner Charité)
Veranstaltungsort: Raum 221, Hauptgebäude, Flügel Ost, Edmund-Siemers-Allee 1
02.06.2015, 18.15-19.45 Uhr
Weisheit und Lebenspraxis: Die Lehren des Buddha, des griechisch-römischen Stoizismus und die Frage der wechselseitigen Beeinflussung
Professor Dr. Jens Schlieter (Universität Bern)
Veranstaltungsort: Raum 221, Hauptgebäude, Flügel Ost, Edmund-Siemers-Allee 1
16.06.2015, 18.15-19.45 Uhr
Psychologie der Weisheit: Definitionen, Messversuche und viele offene Fragen
Professorin Dr. Judith Glück (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt)
Veranstaltungsort: Raum 221, Hauptgebäude, Flügel Ost, Edmund-Siemers-Allee 1
Koordination
Numata Zentrum für Buddhismuskunde in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Ehtik Heute, Birgit Stratmann und Prof. Dr. Michael Zimmermann
Das Netzwerk Ethik Heute
Das Netzwerk Ethik Heute Das Netzwerk Ethik Heute ist eine Plattform für den Dialog über ethische Themen. Es fördert den interdisziplinären und interkulturellen Austausch und betreibt eine redaktionelle Website: www.ethik-heute.org. Seit Herbst 2014 veranstaltet das Netzwerk auch ein interdisziplinäres Weisheitstraining in vier Modulen mit Vorträgen, moderierten Dialogen und Meditation.